ChatGPT schreibt Jobanzeigen. LinkedIn spuckt mit einem Klick eine Longlist aus. Und irgendein Tool hat immer gerade wieder den „perfect match“ gefunden. Auch aus dem Recruiting ist KI mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Und doch stellt sich eine berechtigte Frage: Brauchen Unternehmen überhaupt noch Personalvermittler, wenn KI doch angeblich alles kann?
Die Antwort lautet ja. Und zwar mehr denn je. Und das hat handfeste Gründe.
Recruiting mit KI: Effizient, aber nicht präzise
Künstliche Intelligenz kann heute viel – keine Frage. Auch wir bei bizforward setzen KI gezielt ein, um Prozesse zu beschleunigen, Kandidatenmärkte zu analysieren oder Texte vorzubereiten. Aber wer glaubt, dass ein Tool allein das Recruiting ersetzt, der wird sehr schnell feststellen: Automatisierung ersetzt keine Erfahrung. Und keine Empathie.
KI im Recruiting funktioniert so lange gut, wie der Input passt. Nur: Wer sich im Recruiting-Alltag bewegt, weiß, dass Anforderungsprofile oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Teams suchen „flexible Generalisten mit tiefem Spezialwissen“, „hands-on Strategen“ oder „Top-Talente mit fünf Jahren Berufserfahrung im Zukunftsthema XY“. Wenn Sie das 1:1 in eine KI kippen, kommt meistens ein Buzzword-Bingo raus. Kein Mensch.
Was KI (noch) nicht kann – und Personalvermittler jeden Tag tun
Gute Personalvermittler machen etwas, was KI nur schwer lernen kann: Kontext lesen. Menschen verstehen. Dinge einordnen, die nicht in PDFs stehen.
Hier ein kleiner Realitätsabgleich:
KI ist keine Menschenkennerin. Sie ist ein Wahrscheinlichkeitsorakel. Wenn jemand fünf Mal „Projektmanagement“ im CV stehen hat, schlägt sie Alarm – auch wenn die Projekte rein operativ waren. Das nennt sich dann „high match“, taugt aber in der Praxis oft nichts. Denn Recruiting ist kein reines Matching-Problem – es ist ein Entscheidungsproblem.
Die Illusion vom perfekten Tool
Viele Unternehmen haben sich in den letzten Jahren in Recruiting-Tools und KI-Lösungen verliebt. Verständlich: Sie versprechen Schnelligkeit, Kontrolle und weniger Aufwand. Doch genau hier liegt das Problem. Wer sich auf Tools verlässt, verlässt sich oft auf Daten, die verzerrt, veraltet oder unvollständig sind.
Beispiel: Ein Unternehmen sucht eine:n CRM-Manager:in mit Erfahrung in Salesforce, Hubspot und Dynamics. Die KI findet Kandidat A mit diesen Stichworten im CV. Was die KI nicht weiß: A hat diese Tools nur mal in einer Schulung gesehen – angewendet hat er sie nie. Kandidat B hat nur „CRM-Projekte“ im CV stehen, aber in Wirklichkeit drei Jahre CRM-Rollouts geleitet – aber das Wort „Salesforce“ nicht erwähnt. Rate, wen die KI rausfiltert? Genau.
Gute Personalvermittler erkennen genau solche Fälle. Sie rufen an, fragen nach, bohren tiefer, challengen. Sie hören, wenn ein Kandidat versucht, sich größer zu machen als er ist – und erkennen, wenn jemand sich zu klein verkauft. Genau da liegt ihr Wert.
Personalvermittler als Sparringspartner – nicht als CV-Schleuder
Wir verstehen uns nicht als „Lebenslaufweiterleiter“. Sondern als echte Sparringspartner im Recruitingprozess. Das heißt:
Wir analysieren, was unsere Kunden wirklich brauchen – nicht nur, was in der Stellenbeschreibung steht und beraten aktiv. Beispielsweise sind Anforderungsprofile oft überladen, unrealistisch oder gar widersprüchlich. Ja, die eierlegende Wollmilchsau, sie wird immer wieder gerne gesucht, aber nie gefunden. Bei einem langen Kandidaten-Wunschzettel ist es unsere Rolle, Struktur in das Ganze zu bringen. Gemeinsam mit dem Kunden herauszufinden, wo liegen die Prioritäten? Wir dröseln die Anforderungen auf und beraten, was ist realistisch, wo müssen wir Grenzen ziehen und ggf. dazu raten, eine weitere Person zu suchen, statt alles in einer zu bekommen. Ähnlich verhält es sich bei überladenen Lebensläufen. Hier gilt es, die Bewerber klug zu hinterfragen und herauszufinden, was können sie wirklich und was hat keine Substanz.
Das unterscheidet uns von Algorithmen. Und genau das macht den Unterschied, wenn es um eine gute, nachhaltige Besetzung geht. (Hier finden Sie Infos, wie wir bei der Besetzung von Festanstellungen vorgehen).
Recruiting ist Beziehung – nicht nur Prozess
Ein oft unterschätzter Faktor ist, dass Recruiting ein Beziehungsgeschäft ist. Es geht um so viel mehr, als das nüchterne Abgleichen von Erfahrungen und Qualifikationen. Auch Soft Skills und Teamfit sind zu berücksichtigen. Diese lassen sich oft nicht gut durch harte Daten und Fakten ermitteln. Hierfür braucht es menschliches Gespür. (Mehr dazu: Guide to AI in Recruting: Pros and Cons)
KI als Werkzeug, nicht als Ersatz
Bitte nicht falsch verstehen: Wir sind große Fans von KI. Aber sie muss richtig eingesetzt werden. Als Werkzeug, nicht als Ersatz. Denn das eigentliche Problem im Recruiting ist nie das Tool. Es ist der Mangel an Zeit, an Tiefe, an echter Auseinandersetzung.
Aus eigener Erfahrung wissen wir: Die besten Ergebnisse erzielen Unternehmen nicht durch die Auswahl der besten KI – sondern durch die Kombination aus Technologie und Erfahrung.
Fazit
Gute Kandidaten erkennt man nicht allein am Lebenslauf, sondern im Gespräch. Wer den Auswahlprozess allein einer KI überlässt, bekommt vielleicht Effizienz, aber nicht unbedingt Qualität.
KI-Tools haben selbstverständlich auch im Recruiting ihre Berechtigung und können eine enorme Arbeitserleichterung sein. Wie in anderen Bereichen auch, ist es aber wichtig, die derzeitigen Grenzen der Technologie im Blick zu haben. Wer nicht nur auf Geschwindigkeit, sondern auch auf Qualität setzt, sollte sich daher keineswegs allein auf Auswahltools verlassen.
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